Nicht immer kochen die Gemüter so hoch wie in Leichlingen. Die grüne Umweltministerin von Hessen hat jetzt die Rodung von vielen Hektar Naturwaldflächen für den Bau von Windkraftanlagen freigegeben, ausgerechnet in dem Naturschutzgebiet, in dem Grimms Märchen zu Hause sind. In Leichlingen soll jetzt nur eine Platane gefällt werden, um die Sicherheit für die Bürger zu erhöhen. In beiden Fällen kann man die Frage stellen, ob es nicht andere oder sogar bessere Wege gibt, die gesteckten Ziele zu erreichen. Einige Bürger in Leichlingen hielten auf jeden Fall die Meinung der Verkehrsexperten für falsch, stellten sich demonstrativ der Exekutive in den Weg und verhinderten (vorerst) die Fällung der Platane.
Ich persönlich habe mir auch die Frage gestellt, ob die Fällung der Platane nicht eher Aktionismus und weniger Lösung darstellt:
- Ja, die Platane schränkt die Sicht auf den Überwege ein, doch aus meiner Sicht tun das die übrigen Platanen davor aber auch.
Ja, Tempo 30 km/h könnte an dieser Stelle zu mehr Sicherheit beitragen. - Ja, es ist richtig, im Vorjahr gab es an der gleichen Stelle mit der gleichen Platane keinen Unfall, war das vielleicht Zufall?
- Und ja, es würde wohl weniger oder nichts passieren, wenn alle Verkehrsteilnehmer aufmerksamer und vorsichtiger wären. Aber das ist meine persönliche Ansicht und schon gar keine Schuldzuweisung. Denn genauso wie einige Autofahrer zu schnell an dieser Stelle unterwegs sind, genauso wundere ich mich über manche Fußgänger, die sich ihr eingeräumtes Vorrecht ohne nach links oder rechts zu schauen (also ohne die nötige Vorsicht) einfach nehmen. Ich bewege meine Räder nicht eher auf die Straße bis ich Blickkontakt mit entgegenkommenden Fahrzeugführern habe und sicher bin, dass er mein Vorhaben erkannt hat. Es nützt mir am Ende wirklich wenig, zwar recht gehabt zu haben, aber zertrümmert auf der Straße zu liegen.
Doch eigentlich stellt sich mir die Frage, ob es richtig und verantwortungsvoll ist, wenn Bürger ihre persönliche Sichtweise so diskussions- und kompromisslos über die Sichtweise von Experten stellen und Verwaltung / Exekutive daran hindern, (in diesem Fall) für mehr Sicherheit der Bürger zu sorgen? Wenn jeder seine persönliche Meinung durchsetzen will und auf diese Art Verwaltungsakte verhindert, dann wird die Gemeinschaft nicht mehr lange funktionieren. Die Verwaltung kann nicht jede Maßnahme mit einer umfangreichen Bürgerbeteiligung durchführen, um es mal völlig überspitz auszudrücken. Die Verwaltung hat besonnen reagiert und die Fällaktion abgebrochen, um eine Eskalation vor Ort zu vermeiden. Es hätte erst gar nicht so weit kommen müssen, wenn auch die (wenigen) Bürger etwas mehr Besonnenheit an den Tag gelegt hätten. Sie werden durch den von ihnen gewählten Stadtrat repräsentiert und es ist dessen Auftrag und Pflicht, die Verwaltung zu kontrollieren, ihr Handeln kritisch zu begleiten und zu hinterfragen.
Die Lösung des vorliegenden Problems ist wahrscheinlich ein Mix aus allem, nämlich bessere Einsicht auf den Überweg und mehr Aufmerksamkeit von allen Beteiligten. Und ob sich die Teilnehmer der Online-Umfrage sich mit der Situation vor Ort so intensiv vertraut und beschäftigt haben wie die Verkehrsexperten Beteiligten, darf auch angezweifelt werden. Die Dinge aber wie geschehen „selbst zu regeln“, ist nach meiner Auffassung nicht der richtige Weg.
Ach ja, und über Politiker, die wie berichtet am Überweg riskante Bremsmanöver von Autofahrern provozieren, kann man auch nur noch mit dem Kopf schütteln.